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Bundesverfassungsgericht erweitert Massenentlassungsschutz

Stefan Weste (M.B.L.) | 2. Februar 2017

Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 26.01.2017 (AZ. 6 AZR 442/16) nunmehr festgestellt, dass ein Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 10. März 2010 aufgelöst wurde und hat damit den Massenentlassungsschutz erheblich erweitert. Vorausgegangen war eine Verfassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des BAG vom 25.04.2013 (Az. 6 AZR 49/12) und die Aufhebung dieses Urteils durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.06.2016 (Az. 1 BvR 3634/13).

Hintergrund des Verfahrens

Eine griechische Fluggesellschaft bekam durch die griechische Luftfahrtbehörde zum 1. Januar 2010 die Fluggenehmigung entzogen und stellte daraufhin den Flugbetreib von und nach Deutschland ein. Die Fluggesellschaft kündigte daraufhin im Dezember 2009 und Januar 2010 zunächst allen Mitarbeitern ohne Sonderkündigungsschutz. Gemäß der gesetzlichen Regelung des § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), wonach Unternehmen die Entlassung (konkret gemeint ist nach EuGH und BGH der Ausspruch der Kündigung) einer größeren Zahl von Arbeitnehmern innerhalb von 30 Tagen vorher durch eine sogenannte Massenentlassungsanzeige der Arbeitsagentur anzeigen müssen, unterrichtete die Fluggesellschaft zuvor die Arbeitsagentur.

Das sich Klägerin zum Zeitpunkt der Massenentlassungen in Elternzeit befand, beantragte die Fluggesellschaft bei der Aufsichtsbehörde zunächst die behördliche Zustimmung zur Kündigung, ohne die eine Kündigung der Klägerin während der Elternzeit unzulässig gewesen wäre. Nachdem die Aufsichtsbehörde der Kündigung zugestimmt hatte, erklärte die Fluggesellschaft nunmehr im März 2010 auch gegenüber der Klägerin die Kündigung.

Aufgrund eines Fehlers im Rahmen der Massenentlassungsanzeige erwiesen sich die Kündigungen aus den Monaten Dezember 2009 und Januar 2010 jedoch als unwirksam. Weder das Arbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht noch das Bundesarbeitsgericht sahen darin aber ein Problem in Bezug auf die Kündigung der Klägerin, welche aufgrund des vorgeschalteten Zustimmungsverfahrens bekanntlich erst im März 2010 und damit außerhalb des 30 Tage Zeitraums ausgesprochen wurde.

Der Gang vor das Bundesverfassungsgericht

Diese „Schlechterstellung“ gegenüber den übrigen unwirksamen Kündigungen wollte die Klägerin hingegen nicht akzeptieren. Sie vertrat die Ansicht, dass ihre Kündigung ebenfalls im Rahmen der Massenentlassungsanzeige hätte angezeigt werden müssen und damit aufgrund des fehlerhaften Anzeige ebenfalls unwirksam gewesen wäre. Die Kündigung der Klägerin sei nur deshalb zu einem späteren (also außerhalb des 30 Tage Zeitraums liegende) Zeitpunkt erfolgt, weil sie sich in Elternzeit befunden habe und die Fluggesellschaft die Entscheidung der Aufsichtsbehörde habe abwarten müssen.

Das angerufene Bundesverfassungsgericht folgte, im Gegensatz zu den Arbeitsgerichten, der Argumentation der Klägerin und bescheinigte dieser mit Beschluss vom 08.06.2016 (Az 1 BvR 3634/13), dass es gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Absatz des Grundgesetzes (GG) verstoße, wenn Arbeitnehmer in Elternzeit vom Anwendungsbereich des Massenentlassungsschutzes ausgenommen würden. Nach Ansicht der BVerfG sei es verfassungswidrig, wenn, wie es das BAG getan hatte, den Anwendungsbereich des Massenentlassungsschutzes ausschließlich am Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung bestimme. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin ohne den Massenentlassungsschutz früher geendet habe, als die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer, deren Kündigungen aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige unwirksam waren, werde dieser Nachteil auch nicht durch den Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit kompensiert.

Folgeprobleme

Zunächst einmal wäre die Frage zu klären, ob der Begriff der „Entlassung“ aus § 17 Absatz 1 KSchG zukünftig dahingehend noch weiter zu fassen ist, dass bereits eine Kündigungsabsicht im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige zu berücksichtigen ist. Die Entscheidung des BVerfG wird wohl dahingehend zu verstehen sein, dass zukünftig im Rahmen der Frage der Anzahl von Entlassungen nicht mehr nur die Kündigungen, sondern auch die behördlichen Zustimmungsanträge zu berücksichtigen sind.

Mit der Erweiterung des Begriffes „Entlassung“ hatte sich die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bereits vor einigen Jahren zu beschäftigen. Bis zur sogenannten „Junk-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2005 (Urteil vom 27.01.2005, Az C-188/03) vertrat das BAG die Ansicht, dass mit „Entlassung“ der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausscheidens gemeint sei, während der EuGH mit seiner Entscheidung die Begriffe „Kündigung“ und „Entlassung“ gleichsetzte. Dieser Ansicht schloss sich in der Folge dann auch das BAG an, so dass die Massenentlassung seit diesem Zeitpunkt bereits dann anzuzeigen ist, wenn innerhalb der im KSchG genannten 30 Tage die vorausgesetzte Anzahl von Kündigungen ausgesprochen werden, unabhängig davon, wann die Arbeitsverhältnisse dann tatsächlich enden.

Offen gelassen wurde auch die Frage, wie mit der Konstellation umzugehen sein wird, wenn die Behördliche Entscheidung nach Ablauf des 30 Tage Zeitraums ergeht und die Zustimmung, bzw. die dann tatsächlich auszusprechende Kündigung, wiederum mit anderen Kündigungen zusammenfällt. Zählt die „Entlassung“ dann noch zu der früheren Massenentlassung oder wird sie den dann aktuellen Kündigungen zugerechnet und bewirkt dann möglicherweise überhaupt erst eine Pflicht zur Massenentlassungsanzeige? Muss sie in einem solchen Fall ein zweites Mal angezeigt werden?

Wenngleich eine solche Situation überhaupt erst einmal eintreten müsste, gilt insbesondere für Rechtsanwälte zukünftig eine erhöhte Aufmerksamkeit, um Beratungsfehler und Haftungsfälle zu vermeiden.

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Stefan Weste (M.B.L.)

Rechtsanwalt Stefan Weste (M.B.L.) war bis zum 31.08.2018 Partner der Kanzlei WK LEGAL am Standort Berlin. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehörten die Bereiche Arbeitsrecht, Mergers & Acquisitions, Intellectual property sowie das Vertragsrecht.

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