Darf Vonovia die Kosten des Wärme-Contracting auf den Mieter umlegen?

Guido Kluck, LL.M. | 28. November 2023

Es geht auf das Ende des Jahres zu. Und das bedeutet auch regelmäßig, dass es für Vermieter Zeit wird, die Betriebskosten für das vergangene Jahr abzurechnen. So scheint es derzeit auch bei Vonovia der Fall zu sein. Vonovia, eines der größten Wohnungsunternehmen Deutschlands schickt derzeit Betriebskostenabrechnungen an ihre Mieter. Teilweise enthalten die Betriebskostenabrechnungen für die Mieter erhebliche Nachforderungen von mehreren tausend Euro. Für Mieter kommen teilweise zusätzliche Konsequenzen in Form von neuen monatlichen Abschlagzahlungen dazu, die in einigen Fällen so hoch sein sollen, die die Kaltmiete.

RTL News berichtet davon, dass Vonovia auf Nachfrage bzgl. der teilweise horrenden Nachforderungen mitgeteilt habe, dass man einen Wärme-Contracting-Vertrag mit Vattenfall geschlossen habe und insoweit auf Vattenfall verweist.

Viele Mieter fragen sich nun, ob die Nachforderungen berechtigt sind oder nicht.

Was ist Wärme-Cotracting?

Beim Wärme-Contracting überträgt der Haus- oder Wohneigentümer die Aufgaben der Energieversorgung an einen darauf spezialisierten Dienstleister. Grundlegende Besonderheit dieser Wärmedienstleistung ist allerdings, dass der Vermieter zugleich die ihm ursprüngliche Verantwortlichkeit für den Betrieb der Anlage auf den Contractor überträgt. Somit werden gegebenenfalls erforderliche Investitionen für Instandhaltung oder Modernisierung der Anlage auf den Contractor übertragen. Gegenleistung dafür ist die Zusage der exklusiven Wärmelieferungsmöglichkeit für eine lange Laufzeit.

Wärme-Contracting ist insbesondere für größere, von Mietwohnungsgesellschaften oder Wohnungseigentümer-Gemeinschaften (WEG) betriebene Wohnanlagen von Bedeutung. Stellt zum Beispiel der Vermieter das herkömmliche Heizsystem auf die eigenständig gewerbliche Lieferung durch einen Wärmelieferanten (Wärmelieferung) um, so hat der Mieter die Kosten der Wärmelieferung regelmäßig als Betriebskosten zu tragen. Dabei muss durch den Vermieter beachtet werden, dass im ersten Jahr nach der Umstellung die Betriebskosten nicht erhöht werden dürfen. Einzelheiten regelt die Wärmelieferverordnung.

Von Wärmecontracting spricht man also konkret dann, wenn die Heizanlage integrierter Bestandteil des Gebäudes ist, zu dessen ausschließlicher Wärmeversorgung die Anlage errichtet und nach wie vor bestimmt ist und die Anlage nicht vom Vermieter, sondern von einem Dritten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird.

Im Falle von Vonovia scheint es also so zu sein, dass Vattenfall den Betrieb der Heizungsanlagen für Vonovia übernommen hat.

Wann muss der Mieter die Kosten des Wärme-Contracting tragen?

Die Pflicht zur Tragung der Kosten aus dem Wärme-Contracting Vertrag kann sich für Mieter aus zwei Konstellationen ergeben. Entweder direkt aus dem Mietvertrag, wenn bei Abschluss des Mietvertrages bereits ein Wärme-Contracting Vertrag besteht. Oder aber durch späteren Abschluss eines Wärme-Contracting Vertrages durch den Mieter im laufenden Mietverhältnis.

Besteht zwischen Vermieter und Contractor ein Wärmelieferungsvertrag kann der Vermieter den mit dem Contractor vereinbarten Preis über die Heizkostenabrechnung jeweils anteilig auf den Mieter umlegen. Dazu bedarf es einer wirksamen Umlagevereinbarung im Mietvertrag. Das gilt sowohl für den Fall, dass Wärme-Contracting von Beginn des Mietverhältnisses an gegeben ist wie auch für den Fall, dass der Vermieter im laufenden Mietverhältnis auf die gewerbliche Wärmelieferung umgestellt hat.

Dies hat der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen entschieden (AZ: VIII ZR 362/04; AZ: VIII ZR 243/06) und festgestellt, dass nicht einseitig von vermietereigener Wärmeversorgung auf Wärmecontracting umgestellt werden darf. Die Umstellung ist nur dann möglich, wenn der Mietvertrag eine Grundlage dafür enthält. Hat sich der Vermieter das Recht zur Umstellung nicht vorbehalten, ist ein Wechsel bei der Wärmeversorgung nur mit Zustimmung des Mieters möglich.

Ist im Mietvertrag also vereinbart, dass der Mieter „die Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung“ oder „die Heizkosten“ zu tragen hat, so hat der Mieter Betriebskosten nach § 2 Nr. 4c BetrKV zu tragen, wenn die Wärmeversorgung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch den Wärmeanbieter erfolgt. Wird das Gebäude durch eine Zentralheizung mit Wärme versorgt, schuldet der Mieter Betriebskosten nach § 2 Nr. 4a BetrKV.

Auch wenn erst später, während des laufenden Mietvertrags, der Vermieter eine Umstellung der Versorgung auf einen externen Anbieter vornimmt, können die dafür berechneten Kosten als Betriebskosten umlegbar sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Mietvertrag eine diesbezügliche Regelung ausdrücklich vorsieht. In neueren Mietverträgen findet sich deshalb oft der Passus, dass der Vermieter sich das Recht vorbehält, die Wärmeversorgung einem Dritten zu übertragen. Findet sich ein solcher Vorbehalt nicht im Mietvertrag lässt der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung eine Bezugnahme auf die gesetzlichen Regelungen zu den Betriebskosten als Grundlage einer vertragsabändernden Absprache ausreichen. Umfasst der Mietvertrag die wirksame Abrede, dass Anlage 3 Ziffer 4 c zu § 27 II. BV bzw. §2 Abs. 1 Nr.4c BetrKV gelten sollen, legt dies nach obergerichtlicher Rechtsprechung nicht nur den Umfang der Umlage von Betriebskosten fest. Der BGH liest aus dem Einverständnis der potentiellen Umlagemöglichkeit auch das Einverständnis der modifizierenden Ausgestaltung der grundlegenden vertraglichen Absprachen. Anders ist dies nur bei vor dem 01.03.1989 abgeschlossenen Mietverträgen. Die Bezugnahme ist dann nicht ausreichend, da die frühere Fassung der Anlage 3 zu § 27 II. BV diese Kosten nicht erfasste.

Grundvoraussetzung für ein zulässiges Wärme-Contracting ist gemäß §556c Abs.1 BGB, dass der Mieter die Betriebskosten für Wärme oder Warmwasser zu zahlen hat. Nach Umstellung der Versorgung auf einen externen Anbieter muss die neue Anlage eine verbesserte Energieeffizienz haben, und die Kosten der neuen Belieferung durch einen externen Dienstleister dürfen die bisherigen Betriebskosten für die Belieferung mit Wärme (und Warmwasser) nicht übersteigen.

Die Regelung des § 556c BGB gilt nur in den Fällen, in denen die Umstellung der Wärmeversorgung im laufenden Mietverhältnis ab dem 01.07.2013 erfolgte bzw. erfolgen wird. Bereits durchgeführte Umstellungen bleiben von den neuen Bestim- mungen unberührt. Erfüllt die Umstellung auf das Wärme-Contracting die Voraussetzungen des § 556c BGB nicht, kann der Vermieter mangels Rechtsgrundlage lediglich die fiktiv zu ermittelnden bisherigen Betriebs-, aber gerade nicht vollen Kosten der gewerblichen Wärmelieferung umlegen.

Gibt es keine wirksame Vereinbarung im Mietvertrag, setzt die Umlagemöglichkeit eine Mietvertragsänderung, d.h. eine Zustimmung des Mieters voraus. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Regelungen zum Nachteil des Mieters unwirksam sind.

Wie können sich Mieter gegen überhöhte Kosten wehren?

Nur eine formal korrekte Nebenkostenabrechnung kann Ansprüche auf eine Nachzahlung begründen. Ergeben sich also Fehler aus der Betriebskostenabrechnung, so kann der Vermieter darauf basierend keine Nachforderung verlangen. Daher sollte eine Betriebskostenabrechnung genau geprüft werden.

Zunächst sollte im konkreten Fall geprüft werden, ob eine wirksame Vereinbarung über das Wärme-Contracting vorliegt. Bei fehlender mietvertraglicher Umlagevereinbarung zu den Kosten für eine eigenständig gewerbliche Wärmelieferung kann der Vermieter nicht den vollen Wärmelie- ferungspreis umlegen. Er ist auf die Umlage von Brennstoff- und Nebenkosten zu verweisen. Die Investitionskosten wie auch der Unternehmergewinn u.a. sind aus dem Preis heraus zu rechnen.

Der Mieter kann gegen eine Heizkostenabrechnung substantiierte Einwendungen innerhalb einer Frist von 12 Monaten vortragen. Zugleich besteht die Möglichkeit, die der Abrechnung zu Grunde liegenden Belege und Verträge Einsicht zu nehmen. Das mit dem Wärmecontractor abgeschlossene Vertragswerk und die Rechnungen zum Abrechnungszeitraum können geprüft werden. Zugleich kann der Mieter einen Verstoß gegen das vom Vermieter einzuhaltende Gebot der Wirtschaftlichkeit rügen, wobei hierbei zu berücksichtigen ist, dass derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob und ggf. wann ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot tatsächlich vorliegt.

In den hier konkreten Fällen, dass die Heiz- und/oder sonstigen Betriebskosten von einem Jahr zum nächsten erheblich (mehr als 10%) gestiegen sind, sollte geprüft werden, ob das Wirtschaftlichkeitsgebot durch den Vermieter eingehalten wurde und er die Kostensteigerungen ausreichend begründet hat. Denn in solchen Fällen obliegt es dem Vermieter, hierfür nachvollziehbare Gründe anzugeben. Dazu bedarf es regelmäßig detaillierter Ausführungen, wodurch die Preissteigerung hervorgerufen wurde und warum er diese Preissteigerung nicht – z. B. durch Beauftragung eines anderen Unternehmens – vermeiden konnte. Legt der Vermieter dies nicht dar, verstößt er in Bezug auf diese Betriebskosten gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (vgl. Wall in Betriebskostenkommentar, § 2 BetrKV, Nr. 14 Rdnr. 41). Von einem „starken“ Anstieg ist in der Regel auszugehen, wenn der Anstieg binnen eines Jahres mehr als 10 % beträgt (KG, Urteil vom 12.01.2006 – 12 U 216/04).

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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