Gericht verbietet Preisanpassungsklausel von Spotify
Das Landgericht Berlin erklärt alle Klauseln zu Preisanpassungen in den Nutzungsbedingungen […]
Wie beeinflussen soziale Medien politische Prozesse? Diese Frage wollten Forscher im Kontext der Bundestagswahl 2021 untersuchen. Dazu benötigten sie öffentlich zugängliche Daten der Plattform X (vormals Twitter). Doch das Unternehmen verweigerte den Zugang. Unterstützung erhielten die Forscher von den Organisationen Democracy Reporting International (DRI) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die schließlich vor das Landgericht Berlin zogen. Das Ergebnis: ein juristischer Teilerfolg, der weit über den konkreten Fall hinaus Bedeutung erlangt – auch wenn der eigentliche Antrag auf Datenzugang scheiterte.
Im Januar 2025 wandte sich DRI im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts an die Plattform X mit der Aufforderung, Zugang zu öffentlich einsehbaren Daten über Reichweiten, Interaktionen und politische Inhalte im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2021 zu gewähren. Ziel war es, wissenschaftlich fundiert zu untersuchen, ob und inwieweit die öffentliche Meinung im Hinblick auf die Wahl durch die Aktivitäten auf der Plattform beeinflusst wurde. X reagierte nicht. Daraufhin beantragten die Wissenschaftler Anfang Februar 2025 eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Berlin II.
Rechtsgrundlage des Antrags war Art. 40 Abs. 12 Digital Services Act (DSA), der großen Online-Plattformen wie X die Pflicht auferlegt, anerkannten Forschungseinrichtungen auf Antrag Zugang zu bestimmten öffentlich zugänglichen Daten zu gewähren. Das Gericht entsprach dem Antrag zunächst im Wege einer einstweiligen Verfügung – ohne mündliche Verhandlung und im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sachlage. Am 6. Februar 2025 verpflichtete es X zur sofortigen Datenfreigabe.
X legte Widerspruch ein. Im Rahmen der ausführlichen mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2025 (Az. 41 O 140/25 eV) kam das LG Berlin II zu einer veränderten Einschätzung: Die einstweilige Verfügung wurde wieder aufgehoben. Begründung: Es fehle an einem sogenannten Anordnungsgrund. Das Gericht sah die Dringlichkeit nicht gegeben, da die Forscher zu lange mit der Antragstellung gewartet hätten.
Damit entschied das Gericht nicht die materiell-rechtliche Frage, ob ein Anspruch auf Zugang zu den Daten aus Art. 40 Abs. 12 DSA besteht, sondern ausschließlich, dass ein Eilverfahren nicht zulässig sei. Der Antrag hätte schneller gestellt werden müssen, so die Richter:innen. DRI und GFF hatten bereits etliche Wochen vor dem Eilantrag Kenntnis von der verweigerten Freigabe.
Obwohl die Forscher also vorerst nicht an die gewünschten Daten gelangen, enthält das Urteil einen zentralen Punkt mit weitreichender Wirkung: Das LG Berlin II erkennt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen gegen große Plattformunternehmen ausdrücklich an. Konkret entschied es, dass DRI als Organisation mit Sitz in Berlin ihre Ansprüche aus dem DSA auch in Deutschland gerichtlich durchsetzen kann.
Bislang versuchten große Plattformen regelmäßig, sich der Verantwortung vor europäischen Gerichten durch Berufung auf ihre US-amerikanische Herkunft und das dortige Rechtssystem zu entziehen. Diesem Argument erteilt das Urteil eine deutliche Absage. Ein wichtiger Schritt in Richtung effektiver Rechtsdurchsetzung innerhalb der EU.
Das Verfahren war das erste seiner Art, bei dem ein Auskunftsanspruch nach Art. 40 Abs. 12 DSA vor einem deutschen Gericht ausformuliert und geprüft wurde. Das LG Berlin II betrat damit juristisches Neuland. Es bestätigte, dass sowohl der DSA als auch individuelle Ansprüche von Wissenschaftseinrichtungen nicht bloßes politisches Wunschdenken sind, sondern tatsächlich gerichtlich durchgesetzt werden können – zumindest dem Grunde nach.
Diese Klarstellung ist essenziell: Denn der DSA verpflichtet Plattformen, eine Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Forschungseinrichtungen zu ermöglichen. Artikel 40 Abs. 12 DSA sieht vor, dass sehr große Online-Plattformen wie X bestimmte Daten auf Antrag und unter Wahrung von Datenschutzrechten zur Verfügung stellen müssen – damit Forschung in öffentlichem Interesse möglich bleibt.
Das bedeutet: Auch wenn das Eilverfahren scheiterte, ist der Klageweg eröffnet. Die Hürde der internationalen Zuständigkeit gilt als genommen. Forscher müssen nicht mehr in Kalifornien klagen, sondern können (und sollen) ihre Rechte direkt vor nationalen Gerichten innerhalb der EU geltend machen.
Ob die Forscher aus dem Projekt von DRI und GFF tatsächlich Anspruch auf die Herausgabe der begehrten Daten haben, ist weiterhin offen – denn darüber hat das Gericht materiell noch nicht entschieden. Die Forscher können aber nun eine Hauptsacheklage nachschieben. Anders als im Eilverfahren müsste dann nicht mehr die Dringlichkeit, sondern nur noch die Rechtsgrundlage des Anspruchs dargelegt und bewiesen werden.
Angesichts der grundsätzlichen Zustimmung zur Anwendbarkeit des DSA und der gerichtlichen Zuständigkeit könnte ein Hauptsacheverfahren in der Zukunft tatsächlich Erfolg haben – und damit zu einem Wendepunkt für die Transparenz großer Online-Plattformen werden.
Das Urteil des LG Berlin II vom 13. Mai 2025 (Az. 41 O 140/25 eV) mag für die Forscher im konkreten Eilverfahren eine Niederlage bedeuten – strategisch ist es aber ein wichtiger Etappensieg. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen gegen Plattformen aus dem Ausland ist bestätigt. Der Zugang zu Plattformdaten gemäß dem Digital Services Act ist damit gerichtlich überprüfbar. Es ist ein wertvolles Signal an Wissenschaftseinrichtungen in ganz Europa: Rechte aus dem DSA sind nicht nur auf dem Papier real. Die Forschung darf sich Gehör vor Gericht verschaffen – auch gegen Tech-Giganten wie X.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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