Bei betriebsbedingten Kündigungen darf der Arbeitgeber nicht willkürlich entscheiden, wer gehen muss, und wer nicht. Vielmehr muss die sog. „soziale Schutzbedürftigkeit“ berücksichtigt werden.
Wir erklären Ihnen in diesem Artikel nach welchen Kriterien der Arbeitgeber eine Sozialauswahl zu treffen hat!
Wann kommt es zu einer Sozialauswahl?
Gem. des Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- mehr als 10 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt
- die Anzahl der für eine Kündigung infrage kommenden Mitarbeiter ist höher als die Zahl der geplanten Kündigungen
- zum Zeitpunkt der Kündigung sind die betreffenden Arbeitnehmer seit mehr als sechs Monaten im Unternehmen und fallen unter das Kündigungsschutzgesetz
Grundsätze der Sozialauswahl
Zu den Grundsätzen der Sozialauswahl zählen insgesamt 4 Kriterien unter vergleichbaren Mitarbeitern: Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung.
Der Arbeitgeber hat danach einen Bewertungsspielraum, mit der Folge, dass nur deutlich schutzbedürftigere Arbeitnehmer eine fehlerhafte Sozialauswahl rügen können
Es stellt sich dann natürlich die Frage, welche Mitarbeiter vergleichbar sind? Grundsätzlich sind das Personen, die auf gleicher „Hierarchiestufe“ stehen. Das heißt genauer: es werden beispielsweise Verkäufer mit Verkäufern, und Facharbeiter mit Facharbeitern verglichen.
Rechtstipp: vergleichbar sind Mitarbeiter dann, wenn sie innerhalb der selben Aufgabengruppe innerhalb austauschbar wären.
Zudem wird die Frage, inwieweit die Auswahlkriterien abschließenden Charakter besitzen, unterschiedlich beantwortet. Demzufolge diskutiert man auch die Möglichkeit der Berücksichtigung weiterer Kriterien, insbesondere der „Wendigkeit“, einer „schnellen Auffassungsgabe“, der „Anpassungsfähigkeit“ und des „Gesundheitszustandes“ des Arbeitnehmers.
Ablauf der Sozialauswahl
Die Sozialauswahl wird in drei Etappen gegliedert. Zunächst stellt der Arbeitgeber Gruppen von vergleichbaren Beschäftigten zusammen. Dann prüft der Arbeitgeber, ob Mitarbeiter in den Gruppen sind, die von der Sozialauswahl ausgenommen werden können. Zum Beispiel, wenn jemand besondere, für das Unternehmen wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die sich die Kollegen nicht ohne Weiteres aneignen können. Auch Mitglieder des Betriebsrats dürfen nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden! Als dritten Schritt ermittelt der Arbeitgeber anhand der oben genannten 4 Kriterien, wer von den Mitarbeitern den geringsten Kündigungsschutz genießt.
Rechtstipp: Mitglieder des Betriebsrats dürfen nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden
Fehlerhafte Sozialauswahl
Grundsätzlich kann sich natürlich jeder Arbeitnehmer darauf berufen, anstatt seiner hätte ein sozial weniger schutzwürdiger Arbeitnehmer gekündigt werden müssen, die Sozialauswahl sei also fehlerhaft gewesen.
Das BAG stellt sich auf den Standpunkt, dass die Kündigung bei einer solchermaßen fehlerhaften Sozialauswahl dann nicht unwirksam sei, wenn der Arbeitnehmer auch bei richtiger Erstellung der Rangliste anhand des Punktesystems zu kündigen gewesen wäre. In diesem Falle sei der Fehler für die Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers nicht kausal, was die Sozialauswahl im Ergebnis als ausreichend erscheinen lasse.
Rechtstipp: gem. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG muss der Arbeitgeber Ihnen auf Verlangen sein Vorgehen bei der Sozialwahl darlegen.
Punktesystem
Der Arbeitgeber kann seine Sozialauswahl nach einem Punktesystem treffen. Für bestimmte Merkmale gibt es einen Punkt: ein Punkt pro Jahre der Betriebszugehörigkeit, ein Punkt pro Jahre des Lebensalters, vier Punkte je unterhaltsberechtigter Kinder usw.
Das Punktesystem wurde vom BAG auch für zulässig erklärt.
Fazit
Hat der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchgeführt, sind dem Betriebsrat die vom Arbeitgeber als vergleichbar angesehenen Arbeitnehmer namentlich zu benennen, die der Arbeitgeber in die Sozialauswahl einbezogen hat. Daneben hat er deren Sozialdaten anzugeben, wie er sie bei der Bewertung der sozialen Schutzwürdigkeit zugrunde gelegt hat. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers ist beschränkt auf die vom ihm zum Zeitpunkt der Einleitung bekannten und seinem Kündigungsentschluss zugrunde liegenden Sozialdaten. (BAG 17.1.2008 – 2 AZR 405/06). Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers umfasst auch die Begründung seiner Auswahlentscheidung. Dem Betriebsrat ist nachvollziehbar darzulegen, wieso der Arbeitgeber gerade den zu kündigenden Arbeitnehmer als sozial stärker als die im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer ansieht. (BAG 12.8.2010 – 2 AZR 104/09).
Die Sozialauswahl soll eine möglichst faire Kündigung ermöglichen, auch wenn eine Kündigung für den Gekündigten niemals fair sein wird. Oftmals gibt es Fehler im Sozialplan. Die Darlegungs- und Beweislast liegt aber bei Ihnen. Sie müssen Ihre Bedenken belegen können!
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