Kundenbindungsprogramme rechtlich korrekt?
Kundenbindungsprogramme sollen Unternehmen dabei helfen, Kunden stärker zu binden, mehr Umsatz […]
Seit dem 1. Januar 2025 hat sich vieles, was seit Jahrzehnten den Alltag von Personalabteilungen, Beschäftigten und Existenzgründern bestimmt hat, im Arbeitsrecht geändert: Unbefristete Arbeitsverträge können künftig vollständig digital abgeschlossen werden. Diese Reform, Teil des sogenannten Bürokratieentlastungsgesetzes IV, ersetzt die teilweise starren Papierprozesse durch flexible Textformen – mit großen Chancen, aber auch konkreten Pflichten für Unternehmen und Beschäftigte. Im folgenden Beitrag erläutern wir praxisorientiert, welche Regeln gelten, welche Ausnahmen zu beachten sind, welche Gerichtsentscheidungen bereits Relevanz haben und welche Maßnahmen Unternehmen jetzt ergreifen sollten, um rechtssicher und effizient zu agieren.
Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV wird die bislang in vielen Vorschriften verlangte restriktive Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift auf einem Papierdokument – an zahlreichen Stellen durch die flexiblere Textform ersetzt. Für unbefristete Arbeitsverträge bedeutet das konkret: Arbeitgeber können die wesentlichen Vertragsbedingungen künftig in Textform übermitteln. Damit sind E‑Mails, PDFs per E‑Mail, SMS oder sogar Nachrichten über Messenger-Dienste rechtlich möglich. Diese Neuerung tritt voraussichtlich Anfang 2025 in Kraft und soll administrative Hürden abbauen, Prozesse beschleunigen und die Nachhaltigkeit steigern.
Um die Auswirkungen richtig einordnen zu können, sind drei Formbegriffe relevant: die Schriftform (§ 126 BGB), die elektronische Form (§ 126a BGB) und die Textform (§ 126b BGB). Die Schriftform verlangt eine eigenhändige Unterschrift auf einer Urkunde. Die elektronische Form kann die Schriftform ersetzen, wenn ein Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen ist. Die Textform wiederum verlangt keine Unterschrift: Es genügt, dass der Inhalt in einer dauerhaften, lesbaren Form übermittelt wurde, die das Speichern und spätere Wiedergeben ermöglicht (z. B. E‑Mail, PDF, SMS).
Wichtig ist: Die Reform ersetzt die bisherige Papier‑Schriftform für bestimmte Tatbestände durch Textform. Die elektronische Form mit QES bleibt weiterhin gleichwertig zur Schriftform, hat aber andere Anwendungsfälle – etwa bei der Ausstellung elektronischer Arbeitszeugnisse, wenn der Arbeitgeber eine QES verwendet und der Arbeitnehmer zustimmt.
Der zentrale Effekt ist, dass Unbefristete Arbeitsverträge ab dem Stichtag vollständig digital abgeschlossen und dokumentiert werden können. Arbeitgeber müssen die wesentlichen Vertragsbedingungen weiterhin nachweisen; der Nachweis darf nun in Textform erfolgen. Für die Praxis heißt das: Ein Anstellungsvertrag kann per E‑Mail als PDF verschickt werden; die Übermittlung per Messenger ist grundsätzlich möglich. Auch Änderungen des Arbeitsvertrags können digital dokumentiert werden.
Diese Regelung beseitigt nicht die Pflicht zur Dokumentation der wesentlichen Arbeitsbedingungen. Sie verändert nur die Form. Die Arbeitgeberdokumentation bleibt wichtig, denn Verstöße können weiterhin formale Sanktionen oder Bußgelder nach sich ziehen, auch wenn der Vertrag nicht automatisch unwirksam wird.
Für Befristungen ändert sich nichts Grundlegendes: Nach § 14 Abs. 4 TzBfG muss die Befristungsvereinbarung in schriftlicher Form vorliegen. Praxisgerecht bedeutet das: Beide Vertragsparteien müssen den Vertrag auf Papier eigenhändig unterschreiben, bevor die Tätigkeit beginnt. Zweck dieser strikten Anforderung ist der besonders hohe Schutz der Arbeitnehmer vor willkürlichen Befristungen. Wird die schriftliche Form nicht eingehalten, gilt der Vertrag regelmäßig als unbefristet.
Ob eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 126a BGB) die Schriftform im Fall befristeter Verträge ersetzt, ist in der Lehre und Judikatur umstritten und bislang nicht abschließend geklärt. Aus Sicht der Praxis ist derzeit nicht geplant, die Anforderungen an befristete Verträge zu lockern. Unternehmen sollten daher weiterhin auf eine eigenhändige Unterschrift auf Papier bestehen, wenn Befristungen vereinbart werden.
Der Gesetzgeber sieht Ausnahmen für risikobehaftete Branchen vor. Insbesondere für das Baugewerbe, die Gastronomie und die Logistik bleibt die Schriftform verpflichtend. Diese Ausnahmen sind dem Ziel geschuldet, Schwarzarbeit und Missbrauch zu verhindern und Arbeitnehmer in besonders sensiblen Sektoren zusätzlich zu schützen. Bei Beschäftigten in diesen Branchen ist der digitale Abschluss unbefristeter Verträge somit nicht zulässig; hier gelten weiterhin die bisherigen Papierformalitäten.
Die Umstellung auf digitale Arbeitsverträge bringt weitreichendere Pflichten mit sich. Die sichere technische Infrastruktur ist wichtig: Zugriffsschutz, Verschlüsselung, revisionssichere Archivierung und Nachweisführung müssen gewährleistet sein. Die DSGVO verlangt, dass personenbezogene Arbeitnehmerdaten vertraulich verarbeitet und nur nach Rechtsgrundlage oder Einwilligung verarbeitet werden. Arbeitgeber müssen elektronische Einwilligungen protokollieren und nachweisen können.
Praktisch bedeutet das: Unternehmen brauchen eine verlässliche IT‑ und Archivlösung, die nachweist, wann welche Vertragsunterlagen wem zugestellt wurden und die gleichzeitig den Zugriff von Unbefugten verhindert. Außerdem sollten Dokumentationsprozesse so gestaltet sein, dass sie die Aufbewahrungsfristen und die Nachweispflichten erfüllen – nicht zuletzt, um gegenüber Aufsichtsbehörden oder in arbeitsgerichtlichen Verfahren Rechenschaft ablegen zu können.
Die Reform wirkt sich nicht nur auf Vertragsabschlüsse aus. Für die Beantragung von Elternzeit sieht § 16 BEEG bisher eine eigenhändige Unterschrift vor; das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung (BAG, Urt. v. 10.05.2016 – 9 AZR 145/15) die strenge Schriftformerfordernis betont. Künftig soll die Beantragung von Elternzeit in Textform möglich sein. Das erleichtert meisten Eltern die Organisationsprozesse deutlich.
Bei Lohnabrechnungen greift § 108 Abs. 1 GewO: Lohnabrechnungen dürfen digital übermittelt werden, sofern sichergestellt ist, dass die Arbeitnehmer tatsächlich Zugang zur Abrechnung haben. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat in der Entscheidung vom 16.01.2024 – 9 Sa 575/23 hervorgehoben, dass die digitale Bereitstellung nicht ausreicht, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass der Arbeitnehmer die Abrechnung erreicht hat. Auch bei der Verwendung digitaler Mitarbeiterpostfächer ist die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich; eine Betriebsvereinbarung ersetzt diese Zustimmung nicht.
Die rechtliche Behandlung von Kündigungen bleibt unverändert streng: Kündigungen sind nach § 623 BGB schriftlich und mit eigenhändiger Unterschrift zu erfolgen; die elektronische Form ist hier nicht zulässig. Abmahnungen können hingegen formfrei erteilt werden — E‑Mail oder andere digitale Wege sind möglich, doch aus Beweisgründen empfiehlt sich weiterhin eine schriftliche Dokumentation.
Arbeitszeugnisse können künftig elektronisch ausgestellt werden, sofern der Arbeitnehmer zustimmt und die elektronische Form den Anforderungen des § 126a BGB entspricht (z. B. QES). Ohne Zustimmung bleibt die papierhafte Form notwendig.
Einige Gerichtsurteile geben bereits Orientierung für die digitale Praxis. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.05.2016 (9 AZR 145/15) klargestellt, dass die Anforderungen an die Schriftform bei der Beantragung von Elternzeit nicht leichtfertig aufgeweicht werden dürfen. Diese Entscheidung belegt, warum der Gesetzgeber die Umstellung auf Textform bewusst gestaffelt und durch Übergangsregelungen begleitet. Die BAG‑Entscheidung ist ein Hinweis darauf, dass bei einschneidenden Arbeitnehmerrechten der Gesetzgeber und die Gerichte besonderen Schutz gewähren.
Für die digitale Lohnabrechnung ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16.01.2024 – 9 Sa 575/23 praxisrelevant: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ein tatsächlich zugestellter Abruf stattgefunden hat und – sofern erforderlich – eine Einwilligung vorliegt. Diese Entscheidung unterstreicht die praktische Anforderung, nicht nur technische Schaltung, sondern nachweisbare Zugangswege und Einwilligungsprozesse zu implementieren.
Die Reform bietet viel Potenzial, setzt aber klare Voraussetzungen. Unternehmen sollten folgende Prioritäten setzen: Zunächst ist eine rechtssichere technische Infrastruktur erforderlich. Dazu zählen verschlüsselte E‑Mail‑Übermittlungen, signierte PDFs, revisionssichere Archivsysteme und Protokollfunktionen, die Zustellung und Abruf dokumentieren. Für die Lohnabrechnung sind transparente Einwilligungsprozesse und Nachweismöglichkeiten Pflicht.
Darüber hinaus müssen interne Prozesse und Policies angepasst werden: Welche Vertragsarten dürfen digital übertragen werden, welche nicht? Wie wird mit Befristungen verfahren? Welche Branchenliegen-Ausschlüsse müssen strikt eingehalten werden? Diese Fragen sollten in Betriebsanweisungen, Arbeitsverträgen und gegebenenfalls Betriebsvereinbarungen klar geregelt werden.
Besondere Aufmerksamkeit erfordern auch Datenschutzfolgenabschätzungen (DSFA) bei der Verarbeitung besonders sensibler Personaldaten und die Vereinbarungen mit Dienstleistern (Auftragsverarbeiter). Technische und organisatorische Maßnahmen müssen dokumentiert werden. Schulungen für HR‑Mitarbeitende sind ein weiterer wichtiger Baustein, damit rechtliche und technische Anforderungen eingehalten werden.
Für Arbeitnehmer bedeutet die Reform mehr Komfort: Verträge, Arbeitszeitnachweise oder Zeugnisse können schneller und papierärmer vorliegen. Dennoch bleibt Wachsamkeit wichtig: Beschäftigte sollten darauf achten, dass ihnen die wesentlichen Arbeitsbedingungen tatsächlich dokumentiert und zugänglich gemacht werden. Bei Befristungen ist weiterhin auf die eigenhändige Unterschrift zu bestehen. Wer digitale Lohnabrechnungen erhält, sollte prüfen, ob er eine Einwilligung erteilt hat und ob der Zugang zuverlässig funktioniert.
Bei Zweifeln an der Wirksamkeit einer Maßnahme (z. B. Kündigung) bleibt der Papierweg – gerade bei einschneidenden Entscheidungen – die sicherste Option für Arbeitnehmer, die Rechtsnachteile vermeiden möchten.
Unternehmen, die die Reform rechtskonform und effizient umsetzen wollen, sollten systematisch vorgehen: Zuerst Inventarisierung der Vertragsarten, die digitalisiert werden dürfen; zweitens Auswahl eines technisch sicheren Dokumentenmanagementsystems mit Nachweisfunktionen; drittens Anpassen von arbeitsvertraglichen Vorlagen und internen Richtlinien; viertens Einholung erforderlicher Zustimmungen (z. B. digitale Lohnabrechnung); fünftens Schulungen für HR und Führungskräfte; sechstens regelmäßige Überprüfung der Prozesse und Dokumentation von Datenschutzfolgen. LEGAL SMART kann hier standardisierte Bausteine, rechtliche Vorlagen und Unterstützung bei der technischen Prüfung liefern.
Die Digitalisierungsreform im Arbeitsrecht ist ein wichtiger und längst überfälliger Schritt in Richtung moderner Verwaltung. Die Abschaffung der starren Schriftform für unbefristete Arbeitsverträge, die Umstellung auf Textform in vielen Bereichen und die Anerkennung elektronischer Arbeitszeugnisse bei Zustimmung schaffen Zeit‑ und Kostenvorteile und fördern Nachhaltigkeit. Gleichzeitig bleiben Fälligkeiten: Befristete Arbeitsverträge, Kündigungen und in bestimmten Branchen bestehen weiterhin strenge Formanforderungen. Datenschutz, Nachweisführung und technische Infrastruktur sind die neuen zentralen Pflichten.
Nutzen Sie die Reform als Chance zur Modernisierung Ihrer Personalprozesse. LEGAL SMART unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen sowie Solo‑Selbständige mit praxisnahen Vorlagen, rechtlicher Bewertung und Implementierungsberatung. Wir helfen beim Aufsetzen sicherer Dokumentenworkflows, bei der Anpassung von Vertragsmustern und beim Erstellen von Einwilligungs‑ und Dokumentationsprozessen – damit digitale Arbeitsverträge nicht nur bequem, sondern auch rechtssicher werden. Sprechen Sie uns an, wir führen Sie Schritt für Schritt durch die Umstellung.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTORKundenbindungsprogramme sollen Unternehmen dabei helfen, Kunden stärker zu binden, mehr Umsatz […]
„La Quadrature du Net“ (LQDN) und “none of your business” (NOYB) […]
Wer eine Lebensversicherung bei der Allianz bis zum Jahr 2007 abgeschlossen hat, der könnte diese Versicherung durch einen Widerruf nun los werden und viel Geld verdienen. Nutzen Sie die Chance!
Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.
LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.
Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.
Schützen Sie Ihre Marke auch über die gesetzliche Schutzfrist von 10 Jahren hinaus. Verlängern Sie Ihren Markenschutz einfach online.
Mit einer alle Bereiche berücksichtigenden Prüfung erhalten Sie den besten Schutz für Ihre Marke und können Ihre eigene Marke in jeder Hinsicht einsetzen
Überlassen Sie Ihre Behandlung im Ernstfall nicht dem Zufall. Bestimmen Sie mit einer Patientenverfügung selbst, welche Behandlung Sie wünschen und welche nicht.
LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.