Markenschutz für Farben? BGH entscheidet gegen den Beck-Verlag – Die Farbe Orange bleibt Allgemeingut

Guido Kluck, LL.M. | 16. Mai 2025

In der juristischen Fachwelt ist die Farbe Orange unweigerlich mit dem Verlag C.H. Beck verbunden: Die typischen orangefarbenen Buchumschläge prägen seit Jahrzehnten das Erscheinungsbild juristischer Standardwerke. Doch ob diese intensive Farbassoziation auch markenrechtlich geschützt ist, wurde nun höchstrichterlich entschieden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Die Farbe Orange darf nicht exklusiv für juristische Fachveröffentlichungen geschützt werden. Damit bestätigte der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen (u. a. Bundespatentgericht) und wies die Rechtsmittel des Beck-Verlags zurück (Beschlüsse vom 27. Juni 2024, Az. I ZB 55/18 und I ZB 56/18).

Worum ging es in dem Verfahren?

Der C.H. Beck Verlag hatte sich in den 1990er Jahren zwei Farbmarken beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eintragen lassen. Die Farbe Orange (Farbcode HKS 7) war dabei allein für „wissenschaftliche Buchreihen im Bereich Recht“ geschützt. Der Verlag berief sich auf eine sogenannte Verkehrsdurchsetzung: Nach seiner Auffassung erkennen Marktteilnehmer due Farbe orange unmittelbar und exklusiv als Kennzeichen für juristische Fachliteratur aus dem Verlag.

Die Eintragung wurde jedoch durch einen Antrag des Instituts für Freie Berufe (IFB) zur Löschung gebracht. Das DPMA und anschließend auch das Bundespatentgericht entschieden: Die erforderliche Verkehrsdurchsetzung sei nicht hinreichend belegt worden. Dagegen legte Beck Rechtsmittel ein – mit dem Ziel, die Farbe doch noch als Marke zu sichern.

Die Entscheidung des BGH

Mit Beschluss vom 27. Juni 2024 entschied der BGH (Az. I ZB 55/18 und I ZB 56/18), dass die Farbe Orange in diesem Zusammenhang nicht als Marke geschützt werden kann. Der BGH bestätigte die Auffassung des Bundespatentgerichts, dass die erforderliche Bekanntheit im Verkehr nicht nachgewiesen sei. Für eine abstrakte Farbmarke müsse die Zuordnung zur konkreten Herkunft beim maßgeblichen Verkehr überdurchschnittlich hoch sein. Solche Verkehrsdurchsetzung konnte Beck vor Gericht nicht in ausreichender Form belegen.

Insbesondere betonte der BGH, dass eine 50-Prozent-Bekanntheit unter Jurist:innen nicht ausreiche, wenn auch Publikationen von Wettbewerbern auf dem Markt existieren, die ähnliche Farben verwenden. Insofern sei davon auszugehen, dass kein Hinweis auf eine betriebliche Herkunft im Sinne des Markengesetzes vorliege. Der BGH verwies außerdem darauf, dass eine Monopolisierung einer Farbe nur in Ausnahmefällen zulässig sei – z. B. bei jahrzehntelanger ausschließlicher Nutzung und klarer Wiedererkennung bei breiten Verkehrskreisen.

Abstrakte Farbmarken: Was ist das überhaupt?

Eine abstrakte Farbmarke ist eine Farbe ohne konkrete Form oder Kontur, eingetragen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft eines Produktes oder einer Dienstleistung. Sie ist besonders schwer zu schützen, weil Farben gemeinhin der Allgemeinheit zur freien Verwendung zustehen sollen. Eine Eintragung setzt daher voraus, dass ein erheblicher Teil der Verkehrskreise die Farbe einem bestimmten Unternehmen zuordnet – die sogenannte Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

Praktische Konsequenzen für Unternehmen

Das Urteil ist ein starkes Signal an die Praxis: Auch bei jahrzehntelanger Markenbildung mit einer bestimmten Farbe ist der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung entscheidend. Unternehmen, die eine Farbe exklusiv als Marke nutzen möchten, müssen umfassende Nachweise erbringen – etwa durch Umfragen, Marktstudien und Verkaufsdaten, die eine branchenweite, marktdominierende Wahrnehmung belegen.

Es reicht nicht, eine Farbe prominent zu verwenden. Der tatsächliche Nachweis, dass eine maßgebliche Mehrheit der beteiligten Verkehrskreise diese Farbe mit dem Unternehmen – und nur mit diesem – assoziiert, ist elementar. Die Anforderungen der Rechtsprechung sind streng und verlangen mehr als bloße Marktpräsenz.

Besonders für Verlage und Medienhäuser bedeutet dies: Farbgestaltung bleibt ein wirkungsvolles Mittel der Identifikation, doch ein markenrechtlicher Schutz erfordert mehr als gestalterische Bekanntheit. Dies gilt für alle Branchen, in denen mit Farbidentitäten gearbeitet wird – etwa Versicherungen, Lebensmittelhersteller oder Telekommunikationsanbieter.

Fazit

Der BGH hat mit seinem Urteil (I ZB 55/18 und I ZB 56/18) ein deutliches Zeichen gegen die exklusive Monopolisierung von Farben im Markenrecht gesetzt. Der Beck-Verlag bleibt zwar weiterhin mit Orange assoziiert – doch markenrechtlich besitzt er keinen exklusiven Schutz. Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, wie hoch die Hürden sind, wenn es um die Eintragung abstrakter Farbmarken geht. Unternehmen sollten ihre Farbstrategie daher nicht nur gestalterisch, sondern auch rechtlich frühzeitig absichern – insbesondere, wenn sie langfristig exklusive Nutzungsansprüche durchsetzen möchten.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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